Kolumne: Auf ein Wort ... Annette Bauer schreibt!

von Andrea Buchelt

von Annette Bauer

Legen Sie sich eine Sammlung an

In meiner letzten Kolumne habe ich vom Happiness-Projekt erzählt, einem Hörbuch von Gretchen Rubin. Jetzt bin ich mal wieder ehrlich: ich bin ja doch SEHR angetan.

In einem Kapitel ermutigt sie „Legen Sie sich eine Sammlung an“.

Bitte??? Da erzählen dir Ordnungsexperten, man soll sich von altem Kram trennen und Gretchen rät uns, wir sollen zu Sammlerinnen werden? Ich dachte ja, ich verstehe die Welt nicht mehr. Bin ich selber eher eine Sortiererin. Will heißen: ich sortiere regelmäßig meinen Kram aus. Ich bin wirklich kein Freund des Hortens. Wenn ich neue Klamotten kaufe, schaue ich, was ich nicht (mehr) trage – und da bin ich mittlerweile sehr ehrlich mit mir! Wenn ich Schuhe kaufe (ja, klar, das mache auch ich gerne) miste ich welche aus.

Aber mir leuchtete auch ein, dass es gut tun kann, wenn man etwas hat, was man sich „gönnt“, etwas, was man sich kauft, einfach weil es schön ist. Und weil auch nicht immer alles „perfekt“ sein kann/muss/soll. Und dann erinnerte ich mich, dass ich immer schon mal Sammelphasen hatte. Und die haben mich sehr zufrieden gemacht. Es hat etwas von Liebe und Leidenschaft. Als Jugendliche habe ich Zigarettenschachteln gesammelt. Ich hatte in meinem Zimmer eine Dachschräge und die Schachteln wurden an diese Dachschräge gepinnt. Ich habe die Zigaretten nicht selbst geraucht, sondern die Schachteln überall von überall her gesammelt. Irgendwann wurden sie mir auch mitgebracht.

Dann hatte ich die Postkarten-Phase. Die dauerte lange an. Ich sammelte alte, geschriebene und verschickte Ansichtskarten. Das war auch für eine Weile wirklich toll. Irgendwann – und scheinbar war das die letzte Phase, kamen Bären dran. Ja, Teddybären, Porzellanbären, Holzbären, Bären aller Art. Ich hatte sogar auf meiner Hochzeitstorte statt einem Brautpaar ein Bärenpaar (NEIN, ich wusste nicht davon – es war ein sehr teures limitiertes Sammlerstück, das meine Schwiegermutter als Überraschung auf die selbstgebackene mehrstöckige Torte gesetzt hatte).

Inzwischen sind von den Zigarettenschachteln und den Postkarten keine übrig. Nicht schlimm. Von den Bären haben sich vier erhalten. Passt auch. Ich vermisse sie nicht. Aber heute habe ich ein leeres Buch genommen und habe ein paar Postkarten mit Sprüchen darauf eingeklebt. Weil ich diese Karten einfach liebe! Ich habe immer mal wieder welche an der Wand in meinem Zimmer. Manchmal tausche ich sie aus. Und dann trenne ich mich nicht von den Karten, weil ich sie wirklich ganz ganz toll finde. Ich mag solche Sprüche wie „einfach so? - einfach so!“ oder „Mach was du willst, die anderen reden sowieso“...

Ja, ich habe jetzt ein Sammelbuch. Für meine Karten, für die Sprüche, die ich witzig und in ihrer Schlichtheit oft lehrreich finde. Die mir immer wieder ein Schmunzeln entlocken, wenn ich sie anschaue – weil ich an etwas erinnert werde, was ich vielleicht vergessen habe, wie zum Beispiel „never to old“ :)

Eben auch nie zu alt, um noch einmal mit etwas zu beginnen. Nein, das ist natürlich kein Appell, sich die Regale und Schränke vollzustopfen. Oder zum Messie zu werden. Oder ein Alibi zu haben, wenn man sich nicht von alten Sachen trennen kann ... aber was gibt es, was dich immer zum Lächeln bringt, was du schön findest, oder was für dich eine Aussage hat, die nur du verstehst?

Gretchen Rubin sammelt blaue Vögel. Mein Vater sammelte Briefmarken. Seit ich denken kann, vertiefte er sich stundenlang ins Sortieren und Anschauen und Recherchieren und war leidenschaftlich mit diesen Dingern verbunden. Leidenschaft. Ein wichtiges Ding.

Annette Bauer ist systemische Coach, Achtsamkeitsexpertin, entschleunigt den Alltag und ist für Menschen da, deren Systeme (Familie, Arbeitsplatz, Beziehung) zu eng, nicht passend oder in Schieflage sind. www.annette-bauer.com und achtsamkeitscoach.wordpress.com/

Annette Bauer

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