Kolumne: Glücklich mit und ohne Geld

von Andrea Buchelt

Tipps für eine glückliche Geldbeziehung von Kornelia Rendigs

GENDER PENSION GAP

Warum Frauen sich viel stärker um die ungeliebte Altersvorsorge kümmern müssen

Der Gender Pay Gap ist in aller Munde, doch wer spricht über den Gender Pension Gap? Während die Lücke zwischen den Gehältern von Frauen und Männern durch den Equal Pay Day inzwischen bekannt ist, wird über die Lücke bei der Altersvorsorge kaum gesprochen. Wahrscheinlich, weil das Thema für Frauen äußerst schambehaftet ist, denn es gibt scheinbar nur wenige Möglichkeiten zur Veränderung. Und weil Frauen sich offenbar nicht dafür interessieren.

Altersvorsorge – für Frauen ein ungeliebtes Thema

Altersvorsorge ist für Frauen ein ungeliebtes Thema, wie jüngst eine Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Amundi Asset Management zeigte. Dabei ist das Thema gerade für Frauen brisant, denn ihre Vorsorge sieht meist viel schlechter aus als die der Männer. Laut einer Studie der Hans Böckler Stiftung https://www.boeckler.de/107127_107136.htm  beträgt der Rückstand der Frauen gegenüber den Männern in Westdeutschland 42 %. Bei den gering verdienenden Einkommensschichten fällt der Unterschied noch weit höher aus.

Die Gründe für diese Gender Pension Gap genannte Lücke kann fast jede von uns gut nachvollziehen: Wenn es um die Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen geht, sind es vor allem Frauen, die sich für die unbezahlte Fürsorgearbeit Auszeiten nehmen oder versuchen, den Spagat der Doppelbelastung zu leisten. Teilzeitbeschäftigungen und Niedriglöhne sind die Folge und verschärfen das Dilemma. Deshalb sind gerade Frauen besonders stark von Altersarmut bedroht.

Jede dritte Frau zwischen 35 und 55 kümmert sich nicht

Trotzdem kümmert sich jede dritte Frau zwischen 35 und 55 Jahren nicht um ihre private Altersvorsorge, wie die o.g. Studie zeigte. Auch mit steigendem Alter steigt das Interesse an diesem Thema nicht merklich an. Folglich spielt das Alter der Befragten für die persönliche Relevanz der privaten Altersvorsorge keine wesentliche Rolle. 32 Prozent der befragten Frauen haben dementsprechend auch keine private Altersvorsorge. Wenige mehr (37 %) sparen nur unregelmäßig für ihren Ruhestand. Diese Zahlen spiegeln eindrucksvoll die insgesamt unzureichende Verbreitung des privaten Sparens unter Frauen zwischen 35 bis 55 Jahren wider.

Obwohl sich die Mehrzahl der befragten Frauen darüber im Klaren ist, dass eine private Vorsorge im Hinblick auf die politische und demografische Entwicklung unverzichtbar ist, wird dieses Problem verdrängt.

Wenig Finanzwissen und wenig Interesse

Was die Studie ebenso deutlich macht, ist der Umstand, dass viele Frauen nur wenig Finanzwissen haben und daran auch nichts ändern wollen. 37 Prozent der Frauen verneinten die Frage, ob sie über ausreichende Finanz-Kenntnisse für die Planung ihrer privaten Altersvorsorge verfügen. Besonders erschreckend: 24 Prozent möchten sich auch kein Finanzwissen aneignen, um ihre private Altersvorsorge besser planen zu können.

Erschreckend sind teils auch die Vorstellungen von der „Grundrente“. Dass es sich bei Grundsicherung um eine Sozialhilfe-Leistung handelt, die an Bedingungen und Voraussetzungen geknüpft ist, ist vielen Frauen nicht bewusst, wie ich gerade wieder im Finanz-Coaching erlebt habe. Wer Grundsicherung beantragt, darf nur sehr geringe Ersparnisse besitzen und Einkünfte werden natürlich angerechnet. Auch darf die Sozialhilfebedürftigkeit nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden sein. Auch das ist vielen Frauen nicht bekannt.

Niedrigzinsen und Inflation: für Frauen irrelevant

Dass Ersparnisse von der Inflation momentan quasi aufgefressen werden, scheint auf das Sparverhalten von Frauen keinen sonderlichen Einfluss zu haben – eine Erfahrung, die ich in meiner Beratung immer wieder mache. Viele Kundinnen hatten gar nicht mitbekommen, dass die Zinsen auf Ihren Tagesgeldkonten immer weiter gesunken sind.

Daher erscheint es auch nicht überraschend, dass die weibliche Risikobereitschaft nur gering ausgeprägt ist. So gehen 92 Prozent der Befragten kein oder nur etwas Risiko ein – trotz der niedrigen Zinsen. Das Risiko der Inflation spielt dabei allerdings keine Rolle.

Nur ein Drittel (33 %) der Befragten aus o.g. Studie gaben an, aufgrund der niedrigen Zinsen jetzt oder in naher Zukunft in Sachen Altersvorsorge aktiv werden zu müssen.

Verlustangst überwiegt das Risiko der schleichenden Enteignung

Als wichtigsten Faktor bei der privaten Altersvorsorge gaben die Befragten der Studie den Aspekt „Sicherheit“ (54 %) an. Weit abgeschlagen folgten dann Aspekte wie „Rendite“ (9 %), „Verständlichkeit des Produkts“ (6 %) oder „Flexibilität“ (6 %).

Der Aspekt „Inflationsschutz“ spielte nur bei 5 Prozent der befragten Frauen eine Rolle. In Anbetracht des aktuellen Zinstiefs ist es erstaunlich, dass gerade die Angst vor Wertverlust durch Inflation eine so geringe Rolle spielt.

Inflation: Überforderung für das weibliche Gehirn?

Die Schlussforderung klingt zugegebener Maßen provokant. Wenn ich nicht tagtäglich Ruhestandsplanungen erstellen würde, könnte auch ich mir die Auswirkungen der Inflation sicherlich nicht vorstellen. Doch leider bin ich meistens die Überbringerin der schlechten Nachrichten.

Das Phänomen Inflation ist definitiv ein Sachverhalt, der unser menschliches und der vor allem das weibliche Vorstellungsvermögen überfordert. Das ist auch kein Wunder, denn Frauen waren Tausende von Jahren von allem Finanzwissen und auch von der Finanzmathematik ausgeschlossen. Geschweige denn, dass Frauen eigene Erfahrungen mit Geld und Vermögensaufbau machen durften oder konnten. Aus den Verhaltenswissenschaften, der Psychologie und der Hirnforschung ist mittlerweile bekannt, wie lange Verhaltensänderungen dauern und wie schwierig sie umzusetzen sind. Noch immer ist Geld gerade für Frauen ein großes Tabu-Thema. Leider!

Wege aus dem Dilemma

Darum ist es wichtig, dass Frauen anfangen über Geld zu reden, ohne Scham und ohne Scheu, und dass sie sich gegenseitig fördern und unterstützen. Finanzwissen ist für Frauen wichtig und dringlich. Auch wenn die Chancen für eine private Altersvorsorge vielleicht gering sind und nicht mehr viel Zeit bleibt, ist es wichtig nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, wie das Leben im Alter gestaltet werden kann. In einer hoch individualisierten Gesellschaft ist es zwar schwierig, plötzlich im Alter wieder über ein Leben in einer WG nachzudenken, wenn das in den Erinnerungen mit der Studentenzeit und den nicht immer erfreulichen Lebensbedingungen verbunden wird. Doch darauf zu warten, dass etwas von alleine passiert, bietet wenig Lösungspotenzial.

Gehen Sie es an!

Herzlichst Ihre
Kornelia Rendigs


Kornelia Rendigs
ist Diplom-Ökonomin und arbeitet seit 23 Jahren als freie Anlageberaterin hauptsächlich – aber nicht ausschließlich – für und mit Frauen.

Seit Januar 2016 ist sie die erste zertifizierte FCM Finanz Coach®. Als Finanz Coach unterstützt sie Menschen bei allen finanziellen Fragen und Problemen und ist darauf spezialisiert, dysfunktionale Glaubenssätze und Projektionen zum Thema Geld aufzudecken und aufzulösen.

Weitere Informationen zu Kornelia Rendigs und Kontakt:

Tel. 0421-408 99 440

www.finanzcoaching-bremen.de

www.vermoegenundzukunft.de

Kolumnistin Kornelia Rendigs
Kolumnistin Kornelia Rendigs

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