Kolumne: Glücklich mit und ohne Geld

von Andrea Buchelt

Tipps für eine glückliche Geldbeziehung von Kornelia Rendigs

Glücklich - auch ohne Geld?

„Deine Kolumne heißt „Glücklich mit und ohne Geld“. Bisher hast du aber nur über „mit Geld“ geschrieben. Jetzt musst du auch mal über die andere Seite schreiben.“

Da stand er nun im Raum, der Auftrag und auch die Frage: „Kann man ohne Geld überhaupt glücklich sein?“

Eine interessante Frage, nicht wahr? Den Satz „Geld allein macht nicht glücklich“ kennt ja irgendwie jede. Aber was ist mit dem Umkehrschluss? Macht kein Geld haben allein schon glücklich? Ist es überhaupt möglich, ohne Geld glücklich zu sein?

Im Prinzip schon, denn es gab in jedem Leben eine Zeit, da hing das Glück von anderen Dingen ab. Dazu gehörten Nahrung, körperliche Nähe und Zuwendung. Wenn Geld eine Rolle spielte, dann spielte es diese Rolle im Leben der Eltern, der Großeltern und anderer Menschen. Diese sehr frühe Kindheitsphase haben wohl alle Menschen erfahren, auch Sie und ich. Im frühen Kindesalter ist Geld selten ein Problem. Da kommt Geld einfach aus dem Automaten, wie mein eigener Sohn mal sehr treffend bemerkte.

In dieser frühen Kindheitsphase ist der Identitätsteppich noch vollständig und weit verzweigt. Alle Möglichkeiten sind offen. Das ändert sich dann schnell. Schon im Kindergarten beginnt heutzutage das Schubladendenken gemäß der elterlichen Einkommenshöhe. Je nachdem wie homogen oder wie unterschiedlich die elterlichen Einkommen sind, bemerken alle Kinder schnell die Unterschiede. Häufig werden zudem Einstellungen, Werte und Vorurteile der eigenen Eltern übernommen.

Vieles, was Sie über Geld denken, haben auch schon Ihre Eltern über Geld gedacht und Sie haben es dann später übernommen. Wenn Ihre Eltern als Kriegskinder ängstliche oder gar traumatisierte Menschen waren, dann hatten sie vielleicht starke Verlustängste und waren extrem sparsam. Vielleicht sind auch Sie deshalb sehr sparsam und haben große Verlustängste. Oder Sie sind genau deshalb das absolute Gegenteil.

Vielleicht haben Sie es als Kind aber auch ungerecht empfunden, dass Sie finanziell so kurz gehalten wurden. Deshalb haben Sie dann beschlossen, bei Ihren eigenen Kindern alles ganz anders zu machen. Heute würden Sie nun eher selbst am Hungertuch nagen, als Ihrem Kind oder Ihren Kindern irgendeinen Wunsch abzuschlagen, sofern Sie dazu noch irgendwie in der Lage sind.

Im Erwachsenenalter dann noch glücklich ohne Geld zu sein, gelingt nur wenigen Menschen. Ein Beispiel dafür ist Heidemarie Schwermer (http://livingwithoutmoney.org/about-the-film/about-heidemarie/), die seit zwanzig Jahren ohne Geld lebt und dabei fröhlich durch Deutschland tingelt. Dafür bedarf es eines großen Idealismus. Beim genaueren Recherchieren fällt jedoch auf, dass auch Heidemarie Schwermer nun nicht mehr ganz ohne Geld lebt, denn sie bezieht seit einigen Jahren Rente. Schade eigentlich. Oder doch nicht?

Macht Geld glücklich? Die Antwort auf diese jahrhundertealte Frage treibt noch immer viele Menschen um. Der amerikanische Ökonom Richard Easterlin veröffentlichte 1974 einen Artikel mit dem Namen „Does economic growth improve the human lot?“ (http://graphics.nytimes.com/images/2008/04/16/business/Easterlin1974.pdf).

Mit diesem Artikel stellte er die westliche Welt auf den Kopf. Warum? Er hatte ein Phänomen entdeckt, das so unglaublich war, dass es als Easterlin-Paradox in die Geschichte eingehen sollte. Richard Easterlin hatte den Zusammenhang zwischen Einkommen und Glück in 19 Ländern über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren untersucht. Er war zu dem Ergebnis gekommen, dass die durchschnittliche Zufriedenheit eines Landes nicht ansteigt, wenn das Land wohlhabender wird. Genau gesagt:

Obwohl sich das Einkommen in den entwickelten Ländern in den letzten 50 Jahren vervielfacht hat, schätzen sich die Menschen nicht glücklicher.

Andere Untersuchungen, wie beispielsweise der seit 2012 jährlich veröffentlichte World Happiness Report (http://worldhappiness.report/), bestätigen die Ergebnisse. Laut Jeffrey Sachs, Direktor des Earth Institute an der New Yorker Columbia-Universität gibt der Bericht „… Aufschluss darüber, wie gesellschaftliches Wohlergehen erreicht werden kann". Er erstellte den Bericht gemeinsam mit seinen Kollegen John Helliwell aus Kanada und Richard Layard aus Großbritannien im Auftrag der UNO. "Nicht Geld allein, sondern auch Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen und Gesundheit" machen laut Sachs ein glückliches Leben aus.“

Während Deutschland im World Happiness Report 2015 noch auf einem abgeschlagenen Platz 26 landete und damit einige Aufmerksamkeit erlangte, befand man sich im Bericht von 2016 nun schon auf Platz 16. Begründet wurde das mit einigen statistischen Ungenauigkeiten.

Wenn man sich die Statistiken genauer anschaut, stellt man schnell fest, dass ganz arme Länder wie die afrikanischen Staaten sehr weit am Ende liegen. Nur Länder, in denen Menschen unter Kriegen leiden müssen, liegen noch dahinter. Andererseits fällt auf, dass reiche Länder wie Deutschland nicht unbedingt auf den ersten Plätzen zu finden sind. Offensichtlich gehört doch wohl noch etwas mehr dazu als nur Geld, um glücklich zu sein. So weisen reichere Länder in der Regel auch stabilere politische Verhältnisse auf, verfügen über mehr Demokratie und Menschenrechte.

Wenn wir mal die Statistik außen vorlassen, lässt sich feststellen, dass Deutschland von 2015 auf 2016 einen regelrechten Quantensprung in Sachen Glück gemacht hat. Das war die problematische Zeit der Flüchtlingskrise. Offenbar hat die große Welle der Hilfsbereitschaft etwas mit den Deutschen gemacht. Andererseits gab es auch zahlreiche Proteste in dieser Zeit. Da überrascht ein solcher „Glückszuwachs“ doch auch ein wenig oder nicht?

Welche Faktoren bestimmen denn nun das eigene Glück? Neben einem ausreichenden Einkommen gehören vor allem Gesundheit, gute Beziehungen, eine befriedigende Arbeit und die innere Haltung dazu. So meinen zumindest die Forscher und legen das auch ihrem World Happiness Report zugrunde.

Deshalb mein Fazit zur der Frage „glücklich mit und ohne Geld?“: Es ist in einer monetarisierten Welt eine verdammt große Herausforderung, auch ohne Geld glücklich zu sein. Es bedarf wahrscheinlich eines großen Idealismus, um dies hinzukriegen. Nur wenige Menschen schaffen es. Wahrscheinlich weil sonst die Sorgen und Existenzängste so groß sind, dass kein Raum für Glücklichsein mehr bleibt. Andererseits schaffen es auch ziemlich viele Menschen mit viel Geld unglücklich zu sein. Geld ist also in jedem Fall nicht der Maßstab für das Glücklichsein.

Was sicherlich nicht funktioniert, ist die Absicht, sich mit mehr Geld automatisch glücklicher zu fühlen. Es hilft also nichts: Wir müssen beide „Muskeln“ trainieren! Genug Geld, um aus der Sorgenfalle zu kommen; glücklich aber auch dann, wenn keine Millionen auf dem Konto ruhen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Glück und gefühlt immer genug Geld auf dem Konto.

Herzlich Ihre
Kornelia Rendigs


Kornelia Rendigs
ist Diplom-Ökonomin und arbeitet seit 23 Jahren als freie Anlageberaterin hauptsächlich – aber nicht ausschließlich – für und mit Frauen.

Seit Januar 2016 ist sie die erste zertifizierte FCM Finanz Coach®. Als Finanz Coach unterstützt sie Menschen bei allen finanziellen Fragen und Problemen und ist darauf spezialisiert, dysfunktionale Glaubenssätze und Projektionen zum Thema Geld aufzudecken und aufzulösen.

Weitere Informationen zu Kornelia Rendigs und Kontakt:

Tel. 0421-408 99 440

www.finanzcoaching-bremen.de

www.vermoegenundzukunft.de

Kolumnistin Kornelia Rendigs
Kolumnistin Kornelia Rendigs

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