Kolumne: Gute Texte schreiben

von Andrea Buchelt

Tipps für leichte, verständliche Texte von Dunja Herrmann

Passiv ade: Es gibt immer einen, der etwas tut!

Das Passiv ist ein wahrer Verführungskünstler. Kennen Sie es? Das Kind wurde gebissen. Das Gesetz wurde erlassen. Das Dokument wird automatisch gelöscht. Es wird nichts dagegen unternommen.

Neulich bearbeitete ich ein mehrseitiges Dokument, das nur aus Passiv-Sätzen bestand. Das ist schade, auch wenn es sich um eine Gebrauchsanleitung handelte. Denn: Passiv-Sätze beziehen nicht den Leser mit ein. Sie weisen ihm einen Platz in großem Abstand zu.

Warum ist das Passiv so verführerisch?

Es hat etwas Unbeteiligtes, Unschuldiges: Wenn das Kind gebissen wurde, so scheint klar, dass es selbst daran keinen Anteil hatte. Es geschah etwas mit ihm, was es ganz sicher nicht wollte. Und den Beißenden erwähne ich gar nicht. Es könnte der eigene Hund gewesen sein. Das verschweige ich lieber!

Es erscheint einfacher: Wenn das Gesetz erlassen wurde, muss ich nicht danach suchen, wer dafür verantwortlich ist. Die Leser wissen ungefähr, was ich meine, und das reicht. Wenn der Mann von seiner Nachbarin aufgehalten wurde und zu spät kommt, muss ich daraus weder zwei Sätze noch die Nachbarin zum handelnden Subjekt machen. Ich komme mit einem aus. Das ist einfacher.

Es dient der Versachlichung: Wenn das Dokument automatisch gelöscht wird, dann ist das so. Punkt. Ein Subjekt, das handelt, ist unerwünscht oder wird ausgeblendet. Deshalb tauchen Passiv-Sätze gerne in amtlichen, juristischen Mitteilungen oder eben in Anleitungen auf.

Es entbindet von Verantwortung: Wenn nichts dagegen unternommen wird, dann kann ich wunderbar mit dem Finger woanders hin zeigen. Doch wohin eigentlich? Das traue ich mich nicht auszusprechen! Da kommt so ein Passiv doch sehr gelegen ...

Kurzum: Das Passiv macht das Geschriebene oder Gesprochene unsauber. Es verschleiert und verwischt. Es raubt den Sätzen die Lebendigkeit.

Was will ich mit meinen Texten erreichen?

Stellen Sie sich diese Frage, wenn es darum geht, sich für oder gegen das Passiv zu entscheiden. Was mich betrifft, so möchte ich

  • klare Aussagen treffen
  • für Menschen schreiben
  • Dynamik erzeugen
  • die Leser ins Boot holen
  • leicht verständlich bleiben
  • zeigen, dass mir all das wichtig ist.

Deswegen geht die Zahl meiner geschriebenen Passiv-Sätze oder -Halbsätze gegen null. Denn es gibt immer einen, der etwas tut.

Haben Sie den Mut für aktive Sätze! Sprechen Sie Ihre Leser direkt an, wenn es passt. Damit verwandeln Sie Sätze, wie „Die Lampe erlischt, sobald der Schalter berührt wird“, in lebendige Sprache: „Sobald Sie den Schalter berühren, erlischt die Lampe.“

Na, hat das Aktiv Sie überzeugt? Dann suchen Sie nach den Passiv-Sätzen in Ihren Texten und schreiben Sie sie um!

Viel Erfolg!

 

Dunja Herrmann ist Diplom-Ingenieurin und ausgebildete PR-Redakteurin. Ihr Angebot „Power-Feedback. Der Qualitätscheck für Texte und Konzepte“ richtet sich an selbst schreibende Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihre Textqualität erhöhen wollen.

Außerdem ist sie Coach für emotionale Kompetenz und zeigt Menschen, wie sie sich und andere von emotionalen Blockaden befreien können. Auch in diesem Bereich steht die Einfachheit und Wirksamkeit an oberster Stelle.

Weitere Informationen zu Dunja Herrmann und ihrem Angebot:

Telefon: 07249 387559

E-Mail: kontakt(at)dunja-herrmann.de

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Kolumnistin Dunja Herrmann
Kolumnistin Dunja Herrmann|Foto: Susanne Heitz, Fotogen Digital

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