Gemüsehändlerin und Fuhrunternehmerin


Meta Cordes (1815 -1905), Gemüsehändlerin

Metta Behrens stammte aus einer einfachen Kleinbauernfamilie in Oberneuland. Sie half in der elterlichen Landwirtschaft und besuchte die Dorfschule. Wie es für viele einfache Mädchen vom Lande üblich war, ging sie nach der Schulzeit in die Stadt "in Stellung". In Bremen lernte sie den Zigarrenmacher Karl Cordes kennen, den sie mit 27 Jahren heiratete und mit dem sie sechs Kinder hatte.
Doch Karl Cordes starb früh. Sein Tod brachte Metta Cordes und ihre fünf Kinder, eines war bereits gestorben, um das lebensnotwendige Einkommen. Ob sie als Arbeitslose vom Armeninstitut mit Geld und Naturalien vorübergehend unterstützt wurde, ist nicht nachprüfbar. Metta Cordes fand keine Arbeit. Eine Haushaltungsstelle bot sich nicht an, vermutlich kam eine fast vierzigjährige fünffache Mutter als Dienstbotin in einem Privathaushalt nicht mehr in Frage.
Die Erwerbsmöglichkeiten für Frauen waren verheerend. Wie ihre Geschlechtsgenossinen aus den sog. niederen Ständen hatte Metta Cordes nichts gelernt, da es keine Berufsbildungsschulen für Frauen gab. Auch als ungelernte Arbeiterin fand sie keine Anstellung, weil Großbetriebe in Bremen fehlten und zudem Arbeitsverbote bzw. Arbeitsbeschränkungen Frauen vom Arbeitsmarkt fernhielten. Die wenigen Arbeitsplätze blieben den Männern in den Kleinbetrieben, in denen in der Regel höchstens sechs Arbeiter beschäftigt waren, vorbehalten. Nur in 14% der Betriebe arbeiteten mehr als 25 Arbeiter. Die Produktion in den 100 Branntweinbrennereien, den sechs Seifensiedereien, den 32 Bierbrauereien und in den 16 Essigfabriken (Zahlen von 1840) blieb lange eher handwerklich als industriell organisiert. Großen Bedarf an Arbeitskräften hatten nur die 185 Zigarrenfabriken, in denen 1847 fast 1000 Frauen und fast 800 schulpflichtige Kinder arbeiteten. Die Bremer Jute-Spinnerei und -Weberei, die viele Arbeiterinnen beschäftigte und einer der größten Arbeitgeber wurde, nahm erst 1873 (Neugründung 1888 im Europahafen) die Produktion auf. Zu dieser Zeit war Metta Cordes schon 58 Jahre alt. Aus heutiger Sicht hätte Metta Cordes in der Zigarrenindustrie unterkommen können. Ob sie solche Arbeit nicht annehmen konnte oder auch nicht wollte, ist nicht mehr herauszufinden.
Die Situation nach dem Tod ihres Mannes war für Metta Cordes existenzbedrohend und zwang sie zu radikalem Handeln. Sie gab ihre drei Töchter und einen Sohn im Waisenhaus ab, mit dem Kleinsten versuchte sie sich durchzuschlagen. Sie organisierte sich einen Karren, belud ihn mit Grünfutter und Gemüse, spannte sich selbst vor den Wagen und zog ihn als "mobilen Grünkramladen" seit den 1840er Jahren durch die Stadt. Mit dem Verkaufserlös kam sie eher schlecht als recht über die Runden.
Als sie mit 46 Jahren den schweren Wagen nicht mehr ziehen konnte und sich die Hoffnungslosigkeit ihrer Sitution wiedereinmal dramatisch offenbarte, kam ihr der Zufall zu Hilfe. Ein mitleidiger Zeitgenosse hörte von ihrer Not und schenkte ihr den großen Hund "Sultan". Mit diesem ersten Hundegespann Bremens wurde Metta Cordes populär, so etwas hatte man in Bremen noch nie gesehen. Die Schlachter der Neustadt versorgten den Hund gratis und jetzt konnte die Händlerin bessere Umsätze erwirtschaften. Doch als "Sultan" nach sechs Jahren treuer Dienste starb, wusste die inzwischen 51-Jährige wiedereinmal nicht weiter. Nocheinmal half ihr ein Zufall. Eine Gruppe Fassmacher musste ihren Pfingstausflug wegen Schlechtwetters absagen. Mit dem Geld, das sie ursprünglich verjuxen wollten, kauften sie Metta Cordes einen Esel. Sie nannte ihn "Anton", aus Dankbarkeit gegenüber Anton Spohler, der die gute Idee gehabt hatte. Jetzt erstand sie ein Fuhrwerk, mit dem sie 30 Jahre durch Bremen zog und leichte Frachten beförderte. Besonders die Bremer Tabakkaufleute beauftragten sie mit Fuhren zum Bahnhof.
Manches Mal musste "Modder Cordes", wie sie genannt wurde, Spott ertragen und der arme Esel sogar Quälereien. Deshalb setzte sie eine Anzeige in die Zeitung, in der sie darauf hinwies, dass Esel auch Tiere seien, denen respektvoll begegnet werden sollte. Mit 80 Jahren gab Metta Cordes ihr Gewerbe auf und zog zu ihrer Tochter nach Delmenhorst, wo sie noch einige Jahre in verdienter Ruhe lebte, bis sie 1905, kurz vor ihrem 90. Geburtstag starb. Anton ließ sie einschläfern. Die alte Frau mochte ihm keine Arbeit mehr in fremden Diensten zumuten.
"Modder Cordes", die hart arbeitende Händlerin und Fuhrunternehmerin, gilt als Bremer Original. 1987 stiftete ein Urenkel ihr zum Gedenken die Bronzeskulptur in der Knochenhauerstraße.

 Literatur  
- Bremer Nachrichten vom 18.3.1934
- Gutmann, Hermann u. Hollanders, Sophie: Bremen zu Kaisers Zeiten, S.213, Bremen 1987
- Holzner-Rabe, Christine: Von Gräfin Emma und anderen Em(m)anzen, S.8 ff., Bremen 1995
- Schwarzwälder, Herbert: Geschichte der freien Hansestadt Bremen, Bd.II, S.172-175, 246-248, Hamburg 1987