Kleinunternehmerin


Birkenstraße 29

Emma Heins (1879 -1948), Kleinunternehmerin

Emma Gerdes stammte aus einer einfachen Familie in Wittmund. Im Schulentlassungszeugnis bescheinigten der Schulinspektor und der Lehrer der Dreizehnjährigen sehr gute und gute Leistungen. 1893 starb die Mutter, und der Vater, von Beruf Fuhrmann, verunglückte im selben Jahr tödlich. Die 14jährige Emma machte sich mit ihrem älteren Bruder auf den Weg nach Bremen. Eine entfernte Verwandte nahm die Kinder auf, die sich bei ihr aber nur geduldet fühlten.
Emma Gerdes nahm eine Haushaltungsstelle an und fand anschließend eine Kochlehrstelle in Schreck's Hotel am Bahnhofsplatz. Dort lernte sie ab Mai 1898 und arbeitete anschließend als Mamsell. Nach vier Jahren verließ sie auf eigenen Wunsch das Hotel, um ihre Ausbildung in der Bahnhofswirtschaft zu komplettierten. Sie leitete als Mamsell die Butterbrotküche und lernte ihren späteren Mann kennen, der als Oberkellner im Restaurant bediente. Das Paar schmiedete große Pläne: Wenn die beiden genug gespart hätten, wollten sie zusammen ein Hotel eröffnen. 1905 kündigte Emma Gerdes und heiratete Carl Heins.
Doch ihr Mann verstarb 1909 nach nur vierjähriger Ehe an Tuberkulose. Emma Heins brachte ihre zweijährige Tochter in einem Kinderheim unter und arbeitete als Köchin bei verschiedenen Familien. Das Kind litt jedoch unter der Trennung sehr. Daher beschloss Emma Heins, sich selbstständig zu machen. Sie sah in diesem Schritt den einzigen Weg, das Kind zu sich nehmen zu können. Noch vor dem Ersten Weltkrieg erwarb sie das Kurzwarengeschäft einer Bekannten in der Birkenstraße 29. Es war ein kleiner Laden, von dem sie die Wohnung durch einen Vorhang trennte. Mit eiserner Disziplin und äußerster Sparsamkeit gelang es ihr, den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter zu erwirtschaften.
Zu Beginn des 20.Jahrhunderts sahen viele unverheiratete und verwitwete Frauen in der Selbständigkeit die einzige Möglichkeit, sich und ihre Kinder zu ernähren. 1907 registrierte die Statistik in Bremen 3.200 Frauen, die Alleinbetriebe, das sind Betriebe, in denen es neben der Inhaberin keine weiteren Beschäftigten gab, besaßen. Bei insgesamt 4.500 weiblichen Selbständigen entspricht das einer Quote von 70%. Bei den Männern verzeichnete man 5.100 Alleinbetriebe von insgesamt 16.300 Gewerbetreibenden.
Emma Heins arbeitete viel und sparte eisern. Sie legte großen Wert auf eine gute Erziehung und Schulbildung ihrer Tochter. Sie sollte ein Rüstzeug bekommen, um später für sich selbst sorgen zu können. Sie schickte das Mädchen zu Agnes Heineken, einer der besten Lehrerinnen, die damals in Bremen unterrichteten, und ermöglichte ihrer Tochter eine Ausbildung als Lehrerin.
Erst als Emma Heins im Zweiten Weltkrieg ausgebombt wurde, gab sie ihr Geschäft auf. Sie zog zu ihrer inzwischen verheirateten Tochter, die ihre alte Mutter liebevoll versorgte. Emma Heins hinterließ ein ansehnliches Vermögen, das jedoch durch die Währungsreform verloren ging.

 Literatur und Quelle  
- Schmitter, Romina: Dienstmädchen, Jutearbeiterinnen und Schneiderinnen, Kleine Schriften des Staatsarchivs Bremen, Heft 25, S.68 ff., 212 ff., 343, Bremen 1996
- Interview mit Frau Hanna Kuhlmann im April 2000