Kolumne: Glücklich mit und ohne Geld

von Andrea Buchelt

Tipps für eine glückliche Geldbeziehung von Kornelia Rendigs

Was tun mit alten Lebensversicherungen?

4 Schritte für einen besonnenen Umgang mit den Altlasten

Letzte Woche war es wieder so weit: Die Jahresmitteilung von der Lebensversicherung war in der Post. Geknickt, gelocht und ganz schnell ab in den Ordner. Das Thema mit der alten Lebensversicherung liegt mir schon etwas länger quer im Magen. Deshalb war ich dieses Jahr ganz schnell mit dem Abheften. Das ganze Gerede über die Lebensversicherungen macht mich irgendwie nervös. Geht es Ihnen auch so?

Die Berichterstattung in den Medien ist fürchterlich. Die Versicherungsmakler sind zu provisionsgierigen Monstern mutiert, offensichtlich die neuen Sündenböcke der Nation. In den Talk-Shows schieben sich Politiker und Versicherungsvorstände gegenseitig den Schwarzen-Schuld-Peter zu, dazwischen keifen allwissende Verbraucherschützer und bei der Bürgerin herrscht die große allgemeine Verunsicherung. Hart aber ungerecht! 

Den Ursachen auf der Spur

Allerhöchste Zeit, das Thema mal wieder auf sachliche Füße zu stellen. Bevor mich die erste Kundin fragt: „Wie haben Sie das denn mit Ihren alten Lebensversicherungen gemacht? Oder haben Sie gar keine?“

Natürlich habe ich. Als ich meine letzte Lebensversicherung abgeschlossen habe, gab es noch einen Garantiezins. Der betrug damals immerhin 4 %. Die Gesamtrendite lag in den 50 Jahren zuvor bei lanen Laufzeiten immer bei 6 bis 7 %. Ganz ehrlich, damit kann ich leben, bzw. hätte ich leben können. Wir Frauen sind ja genügsam, stimmt’s? Immerhin war die Auszahlung steuerfrei im Gegensatz zu Bundesschatzbriefen mit thesaurierenden Zinsen. (Das waren die, wo die Zinsen erst am Schluss ausgezahlt wurden und dann Steuern anfielen, wenn der Freibetrag ausgeschöpft war.) Na klar, dass ich auch ein Investmentdepot habe und um ehrlich zu sein, sogar zwei. Aber die Rente sollte doch sicher sein. Außerdem stand meine Lebensversicherung ganz oben auf der Verbraucherschützer-Empfehlungs-Liste? Alles richtig gemacht, sollte frau meinen - nicht wahr? Weit gefehlt, denn es kam alles anders.

Seit der Finanzkrise 2008 vor zehn Jahren fährt unsere europäische Zentralbank eine Niedrigzinspolitik, wie sie noch nie da war. Das haben allerdings nicht die Lebensversicherer verbockt. Da muss ich sie nun wirklich mal in Schutz nehmen. Das haben die Banken verbockt oder korrekt formuliert, verzockt mit ihren scheinbar finanzmathematisch ausgeklügelten Risikomodellen, die sich als haltlose Zockergeschäfte erwiesen. Dafür wurden sie dann von der Politik mit unseren Steuergeldern gerettet.

Zum Dank für unseren grenzenlos altruistischen „Brave-Steuerzahlerinnen-Banken-Rettungs-Gehorsam“ haben sie uns jetzt auch noch den sicheren Zins geklaut und enteignen uns ganz subtil und hinterhältig. Pünktlich zur Rente ist dann alles futsch. Arm gespart und dumm gelaufen!

Was nun?

Versicherung kündigen, Geld auf den Kopf hauen? Oder das Geld unter der Matratze bunkern? Meine Freundin Susi macht das schon. Die ist nämlich richtig stinkig auf ihre Sparkasse. Die haben ihr 15 Euro abgeknöpft, als sie 10.000 € abheben wollte, um ihren Gebrauchtwagen zu bezahlen. Unglaublich, jetzt müssen wir schon bezahlen, wenn wir unser eigenes Geld abheben wollen.

Der Kollege, mit dem ich mich vorgestern unterhielt, meinte zu meiner Lebensversicherung, “ … bloß weiter laufen lassen. Ist doch ein 4 Prozenter.“ „ … und wenn die mal Pleite machen mit ihren vielen 4-Prozentern im Bestand?“, lautete meine Gegenfrage. „Nee, die doch nicht und wenn, werden sie ja gerettet.“ Ja hier in Deutschland wird ja alles und jede gerettet, zumindest solange sie Bank oder Versicherung im Nachnamen heißt. Banken und Versicherungen kann man ja auch nicht abschieben, nicht mal als ambitionierter bayrischer Politiker. Wobei das vielleicht eine Lösung wäre, in Berlin mal über Abschieberegelungen für Banken, Versicherungen und bayrische Politiker nachzudenken. ;-)

Doch mein Problem löst es gerade nicht. Also muss ich die Sache anders angehen und mache erstmal einen Plan. Plan ist immer gut. Den arbeite ich jetzt schrittweise ab.

  1. Schritt: Rendite-Betrachtung

Im ersten Schritt werde ich eine Rendite-Berechnung machen. Da ich vor einigen Jahren die Dynamik gestoppt und eine Teilentnahme getätigt habe, lege ich den aktuellen Rückkaufswert zugrunde. Ein Rechentool zur Renditeberechnung habe ich natürlich. Solche Tools sind aber auch im Internet zu finden.

Variante 1: Wenn die Ablaufleistung schlimmstenfalls ganz auf die Garantiesumme abrutscht, liegt die Rendite bei 3,48 %. Wie kann das passieren, bei 4 % Garantiezins?

Der Garantiezins bezieht sich nur auf die Beiträge nach Abzug der Kosten. Deshalb kann die Rendite durchaus unterhalb des Garantiezinses liegen. Vor allem bei beitragsfrei gestellten Verträgen hat das deutliche Auswirkungen.

Variante 2: Wenn es gut läuft (nach heutigen Maßstäben), komme ich noch auf 4,01 %. Das ist top. Da habe ich immerhin noch die Abschluss- und Verwaltungskosten erwirtschaftet. Doch das ist noch nicht sicher.

Die Rendite habe ich allein dem hohen Garantiezins zu verdanken. Es hätte schlimmer kommen können. Mit den Renditen an den Aktienmärkten ist das natürlich nicht zu vergleichen. Allerdings beträgt die Restlaufzeit noch zehn Jahre. Da kann an den Aktienmärkten noch allerlei passieren.

Ein ganz wichtiger Aspekt bei der ganzen Geschichte ist die steuerliche Betrachtung. Die Auszahlung meiner alten Lebensversicherung ist steuerfrei. Je nachdem ob ich meinen Sparerfreibetrag ausgeschöpft habe oder nicht, muss ich das natürlich beim Renditevergleich auch noch berücksichtigen.

Die Steuerfreiheit ist ein Aspekt, der oft vernachlässigt wird, sich aber bei der Nachsteuerrendite deutlich bemerkbar machen kann. Wenn ich meine alte Lebensversicherung mit einer anderen Anlage vergleiche, bei der Kapitalertragssteuern anfallen (Aktien oder Festgeld), muss ich das berücksichtigen. Sonst würde ich Äpfel mit Birnen vergleichen.

  1. Die Alternativen-Betrachtung

Meine Lebensversicherung war für die Altersvorsorge gedacht. Egal was ich jetzt mit dem angesparten Rückkaufswert unternehme, gilt nach wie vor: Finger weg von der Rente!

Genau deshalb werde ich mir jetzt erstmal überlegen, welche alternativen Optionen in Frage kommen. Für mich kommen dabei momentan nur Basisrente (auch Rüruprente genannt), Privatrente oder Investmentfonds infrage. Dafür werde ich als nächstes einen Rendite-Kosten-Vergleich erstellen unter Berücksichtigung meiner steuerlichen Situation.

Selbstverständlich kann ich bei diesen Optionen eine höhere Rendite nur mit einem erheblich höheren Risiko erzielen. Außerdem muss ich die unterschiedliche Kostenbelastung berücksichtigen. Auch dafür habe ich natürlich einen Vergleichsrechner.

Auch bei der Basisrente kann ich einen Anbieter mit kostengünstigen, passiv investierenden Fonds wählen und habe zusätzlich noch den Steuervorteil. Das kann sich bei einer Laufzeit von zehn oder mehr Jahren deutlich zu meinen Gunsten auswirken. Erstaunlicherweise schneidet die Rürup- oder Basisrente dabei gar nicht so schlecht ab. Wenn ich jedoch eine Basisrente mit niedrigem Garantiezins mit einem Investmentfonds mit hohem Aktienanteil vergleiche, schneidet die Basisrente schlecht ab. Das wäre aber auch ein Äpfel-Birnen-Vergleich. Wenn ich Produkte vergleiche, muss ich mich in derselben Risikoklasse bewegen. Genau das vermisse ich leider oft bei der Darstellung in den Medien.

Dazu kommt noch, dass mir die Basisrente Insolvenzschutz und Harz IV-Sicherheit bietet. Allerdings wollen wir vom schlimmsten Fall ja nicht ausgehen. Trotzdem finde ich es beruhigend, wenn die Altersvorsorge unantastbar bleibt. Ich habe in meinem privaten und beruflichen Umfeld schon einige Insolvenzen miterlebt, mit denen ich nie gerechnet hätte.

  1. Meine finanzielle Risikobereitschaft ermitteln

Bei der Betrachtung der Alternativen spielt das Risiko die entscheidende Rolle. Das hatte ich ja schon erwähnt. Um eine höhere Rendite zu erzielen, muss ich ein deutlich höheres Risiko eingehen. Wie viel Risiko ich eingehen kann, hängt natürlich davon ab, wie meine finanzielle Situation aussieht. Wenn die Rente sowieso schon knapp ist, kann ich mir keine großen Verluste erlauben.

Auch der Zeitfaktor spielt eine große Rolle. Als Selbstständige kann ich notfalls ein paar Jahre länger arbeiten. Bei den Angestellten ist das unter Umständen problematisch. Deshalb setze ich mich sehr intensiv mit den Verlustwahrscheinlichkeiten auseinander.

Ein ganz wichtiger Aspekt ist außerdem meine persönliche Risikobereitschaft. Je geringer meine Risikobereitschaft ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich bei einem Börseneinbruch kalte Füße bekomme und meine Aktienfonds mit Verlust verkaufe. Allerdings ist meine Risikobereitschaft relativ hoch verglichen mit dem Durchschnitt der Anlegerinnen. Für die Ermittlung meiner Risikobereitschaft beantworte ich die zwanzig Fragen des FinaMetrica Risikoprofilers, genauso wie ich das auch meinen Kundinnen empfehlen. Schließlich muss ich wissen, woran ich bei meiner finanziellen Risikobereitschaft bin, denn die ist spontan sehr schwer einzuschätzen.

  1. Mein Fazit

Nach diversen Berechnungen und dreimal darüber schlafen, habe ich mich entschieden, meine Lebensversicherung erstmal weiter laufen zu lassen. Meine Recherchen haben mir auch gezeigt, dass viele Diskussionen momentan sehr polemisch, undifferenziert und vor allem verallgemeinernd geführt werden.

Die Niedrigzinsphase war bis vor wenigen Jahren ein sogenannter schwarzer Schwan, denn wir hatten sie noch nie gesehen und nie erlebt. Das wirft vor dem Hintergrund der gestiegenen Lebenserwartung und geringeren gesetzlichen Renten erhebliche Probleme auf, die wir nicht allein mit mehr Risiko heilen können. Vor allem, wenn uns das Risiko nicht bewusst ist, sind böse Überraschungen fast schon vorprogrammiert.

Für mich steht fest, dass ich in Zukunft für meine Altersvorsorge ein höheres finanzielles Risiko eingehen muss. Doch den Garantiezins meiner alten Lebensversicherung will ich mir erhalten. 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Sie die für Sie besten Finanzentscheidungen treffen. Bei den Berechnungen bin ich jederzeit gerne behilflich. :-)

Herzlichst Ihre
Kornelia Rendigs


Kornelia Rendigs
ist Diplom-Ökonomin und arbeitet seit 23 Jahren als freie Anlageberaterin hauptsächlich – aber nicht ausschließlich – für und mit Frauen.

Seit Januar 2016 ist sie die erste zertifizierte FCM Finanz Coach®. Als Finanz Coach unterstützt sie Menschen bei allen finanziellen Fragen und Problemen und ist darauf spezialisiert, dysfunktionale Glaubenssätze und Projektionen zum Thema Geld aufzudecken und aufzulösen.

Weitere Informationen zu Kornelia Rendigs und Kontakt:

Tel. 0421-408 99 440

www.finanzcoaching-bremen.de

www.vermoegenundzukunft.de

Kolumnistin Kornelia Rendigs
Kolumnistin Kornelia Rendigs

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