Kolumne: Impressionen aus Afrika

von Andrea Buchelt

von Maike von Morenhoffen

Tambani - gestickte Poesie

Im äußersten Norden von Südafrika, zwischen den grünen Zoutpansbergen und Zimbabwe, liegt das Land des Vendavolkes. Nur Dornenbüsche und Baobabbäume überleben in diesem kargen trockenen Land.

Der staubige Boden bietet den Einwohnern und ihren wenigen Hühnern und Ziegen mit ein paar Maiskolben, Süßkartoffeln und Chillis eine magere Ernte. Trotz aller Widrigkeiten hat sich das Vendavolk eine reiche Tradition an mündlich überlieferten Geschichten bewahrt. Ohne die Segnungen der modernen Zeit wie Elektrizität und Telekommunikation hat sich der Brauch des Erzählens an der traditionellen Feuerstelle erhalten können.

So werden die Geschichten nicht nur mündlich weitergegeben sondern finden ihren Ausdruck auch in den farbigen und lebendigen Stickereien der Frauen.  Da geht es um einen Mann, der mehrere Frauen hat und viele Kinder, um das Alltagsleben mit Hühnern und Ziegen, um die Sorge, das tägliche Essen beschaffen zu können und um die Frage, ob es mal regnet und wenn ja, hoffentlich nicht zu viel.

Die Gründerin des Tambani Projektes, Dr. Ina Le Roux, war Dozentin an der Universität von Venda und schrieb ihre Doktorarbeit über die traditionellen Geschichten der Vendas, Nganos genannt.

Sie machte sich Gedanken: wie kann ich den Frauen helfen und kam auf dieses Stickprojekt. Es ist kein traditionelles Sticken, sondern entstand im Rahmen des Projektes.

Inzwischen wird in 3 Dörfern gestickt, und diese Stickereien verhelfen den vielen Frauen zu einem bescheidenen Einkommen.  Kinder können zur Schule gehen, es gibt Wasser, kleine Häuser konnten gebaut werden und als kleiner Luxus: Wasserkessel, Schalen – Haushaltsgegenstände, die für uns selbstverständlich ist. Sogar einen Fernseher konnte eine der Frauen anschaffen. Natürlich können die Frauen diese Stickereien nicht vor Ort oder in der Umgebung verkaufen und wie bei vielen Projekten muss ein Vertriebsnetz aufgebaut werden. 


(M)Eine Reise zu den Wurzeln der Stickereien

Ina le Roux sehe ich in jedem Jahr während meines Aufenthaltes in Südafrika. Sie wohnt nur ca. 1,5 Autostunden von meiner heimlichen Heimat Somerset West bei Kapstadt entfernt. Und weil ich erstens die Stickereien schon jahrelang verkaufe und zweitens immer helfe, und wir auch gemeinsam Ideen für neue Muster entwickeln, hatte ich sie gebeten, sie einmal begleiten zu dürfen. Die Reise musste in 3 Etappen mit 2 evtl. 3 Übernachtungen geplant werden. Es sind ca. 2000 km bis an die Grenze zu Zimbabwe. Die Provinz Limpopo, unser eigentliches  Ziel, liegt an der Grenze zu Zimbabwe. Die Hauptstadt Polokwane – ehemals Pietersburg – wurde 1886 von den Vortrekkern gegründet und liegt 1312 m über dem Meeresspiegel. Limpopo ist ein faszinierender Teil von Südafrika: im Osten grenzt es an den Krüger Park und im Westen an Botswana. 

Die Fernstraßen sind in Südafrika sehr gut, und es gibt inzwischen ausreichend Tankstellen – anders als vor vielen Jahren, als man Benzin mitnehmen musste. Wir haben uns unterwegs selbst versorgt und die erste Rast war in Hanover – ein kleines verschlafenes Nest in der Karoo. Gut, dass wir Lebensmittel dabei hatten – es gab nichts zu kaufen. Der nächste Stop war Johannesburg – die Millionenmetropole. Unser Ziel war ein Nature Reserve: Nwanedi. Dieses staatliche Camp liegt den zu besuchenden Dörfern am nächsten. Kleine Rundhütten, aber sonst wirklich kein Luxus. In Polokwane, also der Hauptstadt, haben wir noch Lebensmittel und Wasser eingekauft, wohlwissend, dass wir nichts mehr würden kaufen können. Das Camp war leer – bis auf hunderte von  Pavianen. Und anders als in der Kapprovinz betteln sie nicht um Futter und näherten sich uns nur bei der Abreise. Aus Neugier. Der Weg zum Camp ist fast unbefahrbar mit einem normalen Auto, sodass wir uns von Freunden einen 4x4 Pickup leihen mussten.

Gleich am nächsten Morgen hatten wir uns verabredet in Muswodi, um einige der Frauen zu treffen, Stickereien zu bewundern und auch mitzunehmen. Es war den Frauen eine große Freude Ina wieder zu treffen, und mich als Besucherin nahmen sie in ihre Mitte.  Ich hatte Ina gefragt, ob ich für alle Frauen etwas kaufen könne und habe dann verstanden: keine Geschenke.  Sie arbeiten und werden gut bezahlt. Nur den 5 Ältestens durfte ich ein Kopftuch mitbringen. Wir saßen alle unter einem Baum auf  der neuesten Errungenschaft – Plastikstühlen. Für mich immer der PALAVERBAUM …

Stickereien wurden gezeigt, neue Farben besprochen, ein neues Muster diskutiert.

Stickerei

Beim Sticken

Stickerei 2

Miteinander zu kommunizieren ist schwierig: eine der Frauen spricht afrikaans und war somit als Dolmetscherin tätig. Später durften wir einige Hütten besuchen. Ina wollte einen Film drehen und einige Details festhalten. Das Dorf – nur aus wenigen Hütten bestehend und staubig und trocken, obwohl es gerade geregnet hatte – bis auf Hunde fast verlassen. Auf einem Hof wurden Mopaniwürmer für das Trocknen vorbereitet. Ich erspare allen die Einzelheiten – zu unappetitlich für unseren Geschmack. Die Haut der Würmer wird mit Salz bestreut und getrocknet und soll dann wie Chips schmecken. Es blieb uns ein Probeessen erspart!  Auf einem weiteren Hof gab es Marulafrüchte und Frauen, die den Saft herauspressten. Vergoren wird ein leicht alkoholisches Getränk daraus.

Auch die nächsten Tage  vergingen mit Besuchen bei den Frauen. Wir sahen beim Kochen von Maisbrei zu. Eine Küche hat man nicht, es wird auf dem Boden ein Feuer gemacht und ein Dreibeintopf darauf gestellt. Man muss den Brei so lange schlagen und rühren bis er gar ist. 

Wir hatten eine besondere Zeit mit den Frauen, unvergesslich. Zum Schluss wurde noch gesungen und für unsere Heimreise gebetet.  Männer haben wir wenig gesehen: sie arbeiten zum Teil in anderen Landesteilen in den Minen, oder haben die Dörfer verlassen – Arbeit gibt es in Limpopo kaum. Die Frauen sind selbstbewusst geworden durch die Arbeit und halten zusammen. Staatliche Unterstützung gibt es wenig und Möglichkeiten Geld zu verdienen sind nicht vorhanden. Der Weg in die nächste Stadt wäre zu weit. Einige von ihnen sind mutiger als andere: sie können die fertigen Stickereien in die nächste Stadt und dort zur Post bringen. Fast eine Tagesreise. Mobiltelefone machen es möglich sich zu verständigen: es ist Post unterwegs, wir benötigen neues Garn, Geld ist angekommen und immer: danke Ina, dass du für uns da bist.

Wir sprachen darüber: wie kann man so ein Projekt unterstützen und wie lange kann Ina es noch machen. Aufgeben kann man es nicht: es sind einfach zu viele Frauen davon abhängig. Aber die Vermarktung ist auch schwierig: die Stickereien werden in Amerika und Europa an die Patchworkerinnen verkauft, man muss dort auf den Märkten präsent sein. Es müssen neue Muster her. In den ersten Jahren gab es ein wenig staatliche Unterstützung. Das gilt für Projekte mit mehr als 50 TeilnehmerInnen. Die Unterstützung ist lange ausgelaufen, und so versuchen wir neue Ideen zu entwickeln, um das Projekt am Laufen zu halten.

Reisen in Afrika sind immer unvergesslich: die Herzlichkeit der Menschen, das Innehalten. Es lehrt Demut.

Herzliche Grüße
Maike von Morenhoffen

www.artafrica.de

Kolumnistin Maike von Morenhoffen
Kolumnistin Maike von Morenhoffen

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