Kolumne: Nachhaltig gärtnern

von Andrea Buchelt

von Gitta Stahl

Die Krux mit den Fachausdrücken

Was bitte ist eine Bienenweide?

Obwohl Landschaftsplanerin vom Studium her, bin ich seit über 20 Jahren als Journalistin unterwegs, habe bei Bremens Tageszeitung Weser-Kurier gelernt und volontiert, bei Fachzeitschriften für den Erwerbs- und Hobbygartenbau gearbeitet, ein Buch für Neukleingärtner geschrieben. Der Umgang mit Sprache ist mir also durchaus geläufig. Und der Umgang mit der goldenen Regel, Fachausdrücke möglichst zu vermeiden, sie ganz sicher aber niemals zu nutzen, ohne sie zu erklären, ist mir „eigentlich“ in Fleisch und Blut übergegangen.

Seit 2015 baue ich in Verden mein Beratungsbüro für nachhaltiges Gärtnern auf, und in diesem Jahr startete ich den Testballon für einen Onlineshop für Pflanzen, die Bestäuberinsekten Nektar und Pollen bieten. Und tappe in die Falle, die ich anderen Menschen seit Jahren ausrede: in die Fachausdruckfalle.

Was war passiert? Rinderweide, Kuhweide, Pferdeweide, Schafweide – gängige Begriffe, hinter denen sich grundsätzlich ein Stück Land, Fläche mit Pflanzen verbirgt, die den namengebenden Tieren die Bäuche füllt und Lebensraum bietet. Und so war es naheliegend, meinem Shop den Namen „www.Bienenweide-Shop.de“ zu geben. Zumal in jedem Online-Pflanzenshop die Aussagen zum Nährwert für Bestäuberinsekten unter „Bienenweide“ oder „Insektenweide“ laufen.

Als ich die ersten Ideen, wie der Internetauftritt aussehen würde, meinen Gründer-Mitstreiterinnen im „Startklar“-Coaching in Verden vorstellte und auf Lob und Begeisterung hoffte, sah ich statt dessen erst einmal das große Fragezeichen in ihren Augen. So klar, wie mir der Begriff Bienenweide ist, ist er keineswegs jedem. „Ist das eine bestimmte Pflanze, die ‚Bienenweide‘ heißt?“ „Ist es eine der Weiden-Pflanzen, die Bienenweide heißt?“ So mit der Nase darauf gestupst, wusste ich, was ich würde nachbessern müssen.

Der Shop-Name ist immer noch richtig und Programm. Doch jetzt lacht den Besucher der Seite halt direkt ein „Wenn Bienen könnten, würden sie hier Stammkunde“ an. Und dann erklärt die Seite, für wen hier geshoppt wird und was. Die Zeit arbeitet zudem für mich. Der Notstand rund um die Bestäuberinsekten lässt auch die Begrifflichkeiten „Bienenweide“ und „Bienenweidepflanzen“ immer bekannter werden.

Was aber sind gute Bienenweiden? Etwas pauschal lässt sich das so beantworten: Wenn eine Pflanze in Sommer oder Herbst Früchte und Samen hervorbringt, dann ist sie in der Regel auch als Bienenweide brauchbar. Die meisten Blütenpflanzen brauchen Bestäuberinsekten, um ihre Pollen von einer Blüte zur nächsten oder gar von einer Pflanze zur nächsten verfrachten zu lassen. Bezahlt wird für diese Dienstleistung mit Nektar. Zudem spendieren die Pflanzen einen Teil dieser Pollen großzügig, die Insekten dürfen mit dieser Eiweißkost dann ihren Nachwuchs füttern.

Etliche auch einheimische Pflanzen nutzen zum Pollentransport nur den Wind, fast alle Waldbäume gehören dazu. Sie brauchen keinen Nektar als Lockstoff. Sie sind aber dennoch als Bienenweiden von Wert, weil auch sie großzügig einen Teil der Pollen von den Insekten abzweigen lassen. Zu diesen Pflanzen gehören – wertvollerweise besonders früh im Jahr – die Hasel und später Hainbuche, Buche, Eiche.

Sortieren wir nach diesem Wissen unsere Gartenpflanzen durch, dann könnte einiges auf den Kompost fliegen. Denn viele in Gartencenter und Baumarkt angebotene Pflanzen sind züchterisch so stark verändert, dass sie als Bienenweiden nicht mehr viel taugen, kaum mehr Nektar und Pollen bieten, keine Früchte und Samen bilden. Dazu gehört fast die ganze Pracht unserer dauerblühenden Hortensien (mit Ausnahme der Tellerhortensien), üppig gefüllte Rosen, die ihre Nektar- und Pollenträger im Züchtungsprozess für Blütenblätter opfern mussten, Forsythien, Flieder und Magnolien. Gärten, in denen es üppig blüht, sind also kein Garant für eine gute Versorgungslage bei den Bestäuberinsekten.

Gute Bienenweiden erkennt man, wenn man mit offenen Augen durch die Lande läuft. Wo es summt und brummt, da schmeckt es meistens. Was gute Bienenweiden sind, kann man nachlesen, beispielsweise in vielen nicht-kommerziellen Portalen wie z.B. dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das eine Zusammenstellung „Bienenfreundliche Pflanzen für Balkon und Garten“ unter https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Bienenlexikon.html anbietet. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich mit dem Thema „Bienenweide“ zu beschäftigen. Denn es herrscht Versorgungsnotstand bei den Bienen, und wir brauchen sie dringender als sie uns. Insofern sind wir in der Pflicht.


Bienenweide: Hasel


Gitta Stahl
ist Dipl.-Ing. Landschaftsplanerin, Journalistin und Imkerin. Gärten, Gewerbeflächen, Friedhöfe und städtische Freiflächen in Lebensräume zu verwandeln, in denen sich Bienen, Wildbienen, Vögel, Igel und Co. wieder zuhause fühlen, ist ihr Anliegen. Beratungen, Vorträge und Seminare sind dabei wichtige Bausteine. „Nur wer versteht, um was es geht, kann richtig handeln.“

„Grüner Kosmos“
Beratungsbüro für nachhaltiges Gärtnern
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Gitta Stahl
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