Schiffsbauerin


Schiff aus der Lange'schen Werft

Anna Lange (1785 -1867), Schiffsbauerin

Anna Lange arbeitete als erfolgreiche Unternehmerin in einem typischen Bremer Wirtschaftszweig und begründete damit den Ruf der Hansestadt als traditionsreichem Werftenstandort mit.
Anna Raschen stammte aus der Schiffsbauerfamilie Raschen in St.Magnus bei Bremen. Sie war seit ihrer Kindheit mit den Arbeitsvorgängen auf einer Werft vertraut, was ihr später zweifelsfrei zugute kam. Sie beherrschte das spezielle Vokabular der Handwerker, der Zimmerleute, Schmiede und Segelmacher und kannte jedes Schiffsteil. Woher sie ihr kaufmännisches Wissen bezogen und welche Schule sie besucht hatte, ist nicht mehr herauszufinden. Zweifellos hatte die kluge, technisch und kaufmännisch begabte, risikofreudige Anna Raschen als zukünftige Schiffsbauerin die besten Voraussetzungen. Für Johann Lange wurde sie die ideale Partnerin und Ratgeberin. Der Schiffsbaumeisterknecht hatte sich 1806, drei Jahre nach der Eheschließung, selbstständig gemacht und den Werftplatz Zum Alten Tief in Vegesack gepachtet. Seit 1814 trat er als Eigentümer auf.
Anna Lange trieb das Unternehmen voran und ermutigte ihren Mann zu immer neuen Schiffsbauten. 1817 lief das erste deutsche Dampfschiff "Weser" vom Stapel, das bis 1833 die Passagierschifffahrt Vegesack-Brake und später Vegesack-Bremerhaven übernahm. Das Unternehmen florierte, bedeutende Reeder beauftragten die Lange'sche Werft, zu der auch eine Trankocherei und eine Dampfmühle gehörten. Bis zu Johann Langes Tod im Jahr 1844 liefen 190 Schiffe vom Stapel. Fast 600 Arbeiter waren auf der Werft beschäftigt, die damit eine der größten Bremer Werften war. Selbstbewusst ließen sich die Eheleute 1842 in Öl porträtieren, umgeben von über zwanzig Schiffen, die auf ihrer Werft gebaut worden waren. Das Gemälde hängt heute im Focke-Museum. Fünf Kinder zog Anna Lange groß, zwei Söhne wurden schon früh auf die Unternehmensführung vorbereitet und leiteten in Bremerhaven eine Werft.
Nach dem Tod ihres Mannes 1844 führte Anna Lange den Schiffsbaubetrieb erfolgreich weiter. Die Rechtslage war dafür verantwortlich, dass die Werft nach Johann Langes Tod zwar von seiner Witwe Anna Lange geleitet wurde, ihr Name aber in der neuen Bezeichnung "Werft Johann Lange Witwe Erben" unterging. Gewohnt, mit Auftraggebern und Lieferfirmen zu verhandeln, die Bücher zu führen und mit den Arbeitern umzugehen, liefen unter ihrer Regie noch weitere 70 Schiffe vom Stapel. Sie erkannte die Bedeutung des Eisenschiffbaus und baute die Passagierschifffahrt auf der Weser aus. Sie beförderte Fahrgäste sogar zu Niedrigpreisen, um den Konkurrenzkampf mit dem Norddeutschen Lloyd zu gewinnen. Unnachgiebig widersetzte sich Anna Lange den Übernahmeversuchen des Mitbewerbers. Ihre resolute und für die damalige Zeit außergewöhnlich selbstbewusste Art brachten ihr von H.H. Meyer, dem Lloyd-Gründer, das bewundernde Kompliment ein: "Es gibt in ganz Vegesack nur einen Mann - und der heißt Anna Lange!" Jedermann respektierte und bewunderte sie, ihr Genie, ihre Zähigkeit und ihren Humor.
1893 wurde die Lange'sche Werft in die Aktiengesellschaft "Bremer Vulkan, Schiffbau und Maschinenfabrik" umgewandelt mit Franz Schütte als Hauptaktionär.

 Literatur  
- Fuhrmann, Helga in: Bremer Frauen von A bis Z, S.469 ff., Bremen 1991
- Gläbe, Friedrich: Die Unterweser, S.96, 99, 105, 114, Bremen 1965
- Kloos, Werner: Die Bremerin, S.40 ff., Bremen 1965
- Schwarzwälder, Herbert: Geschichte der freien Hansestadt Bremen, Bd.II, S.74, 84, Hamburg 1987