Drehorgelverleiherin


Fenster Schnoor 14


Hocke'sche Drehorgel vor dem Bremer Dom


Drehorgelverleiherin

Clara Hocke (1901 -1981), Drehorgelverleiherin

Clara Hocke lebte mit ihrem Mann im Schnoor Nr.14. Das Haus wurde im Jahr 1600 erbaut und ist bis heute in nahezu unveränderter Form als eines der ältesten Häuser Bremens erhalten. Die Bemalung und Profilierung zeugen vom Wohlstand der Handwerkerfamilien, die seit dem 17.Jahrhundert in diesem Haus arbeiteten.
Über das Leben der Clara Taphorn ist so gut wie nichts bekannt. Wir wissen nichts über ihre Familie oder wo sie zur Schule ging. Sie machte nie viele Worte über sich selbst. So ging ihre Biografie zum großen Teil verloren. Geblieben sind das Haus und ihr Geschäft.
1925 heiratete Clara Taphorn den Tischlermeister Heinrich Hocke und zog mit ihm in den Schnoor. In den wirtschaftlich schweren 1920er Jahren, als ihr Mann immer weniger verdiente und die allgemeine Arbeitslosigkeit auch die Hockes ergriff, erstand das Paar seine erste Drehorgel. Für Clara und Heinrich Hocke wurde die Drehorgel zur Leidenschaft. Beide waren musikalisch und spielten Klavier und Geige. Unter dem Druck der wirtschaftlichen Situation machten sie sich ihr Talent zunutze und zogen als Musikanten durch die Stadt. Die Konkurrenz war groß. Auch andere versuchten, als DrehorgelspielerInnen ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Bis zu 180 Orgeldreher bevölkerten die Bremer Straßen und Plätze. Um dieses Gewerbe ausüben zu können, musste man sich bei der Polizei und den Ortsämtern eine Genehmigung holen. Clara Hocke war schon Wochen vor der Freimarktszeit mit dem Fahrrad unterwegs, um die begehrten Scheine zu bekommen. Denn erst wenn Clara Hocke mit ihrer Berliner Drehorgel aufspielte, war für die Bremerinnen und Bremer, von Hastedt bis Gröpelingen und Oberneuland, richtig Freimarkt.
Die Liebe zu diesem Instrument und der Erfolg machten mit der Zeit aus der einstmaligen Notlösung eine Profession, die Clara Hockes Altersversorgung wurde. In ihrem Haus im Schnoor eröffnete sie ein Geschäft, in dem sie Spieluhren zum Verkauf und Drehorgeln zum Verleih anbot. Im Laufe der Jahre entwickelte sich Clara Hocke zur perfekten Mechanikerin, die penibel auf ihre Instrumente achtete. Im hinteren Teil des Hauses richtete sie eine Werkstatt ein, wo sie ihre Drehorgeln wartete und reparierte.
Besonders seit den 1960er Jahren florierte das Geschäft. Man besann sich in Bremen auf einen alten Brauch, dessen Herkunft nicht mehr bekannt ist. Junge, unverheiratete Männer mussten an ihrem 30.Geburtstag den Domshof fegen und gaben sich damit öffentlich als Heiratskandidaten zu erkennen. Diese ungewöhnliche Art, einen Geburtstag zu feiern, wurde nun verändert. Freunde des jungen Mannes leihen sich bei "Mudder Hocke" eine Drehorgel, und der unverheiratete Dreißigjährige fegt zur Musik die Domtreppen. Durch das nostalgische Instrument erhält das "Domtreppenfegen" seine besondere Note und Beliebtheit. Bis heute erfreut das Spektakel nahezu jede Woche das Publikum. Clara Hocke hat mit ihrem Drehorgelverleih einen bedeutenden Beitrag zur neuzeitlichen Etablierung eines Brauchs geleistet.

 Literatur  
- Holzner-Rabe, Christine: Von Gräfin Emma und anderen Em(m)anzen, S.85 ff., Bremen 1995